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Welche Rolle spielt der Atem in der Krebstherapie?

Ich möchte mal versuchen, aufzuzeigen, mit welchen Gesichtspunkten wir an einen Heileurythmie-Online Kurs herangehen und inwiefern dazu auch eine Erweiterung der Begrifflichkeiten sinnvoll ist.

In der Anthroposophischen Medizin geht man davon aus, dass an dem Ort, an dem der Krebs auftritt, der Rhythmus von Ein- und Ausatmung gestört ist. Verschluckte Tränen, angestautes Leid, Schockwirkungen führen dazu, dass die Einatmung lokal überbetont wird, was seelisch wie leiblich Angst, Enge und Erstickungsgefühle hervorrufen und cancerogene Prozesse auslösen kann. Von Rudolf Steiner, dem Begründer der Heileurythmie, gibt es das Zitat: "Das Überwuchern der Einatmung über die Ausatmung führt im menschlichen Organismus zum Krebs."

Wenn man von Atem spricht, ist es wichtig, vier verschiedene Atmungen zu unterscheiden:

  1. Physisch: Bei der äusserlich wahrnehmbaren Lungenatmung hebt und senkt sich der Brustkorb, der Bauch dehnt und verengt sich, die Lungenspitzen heben und senken sich.

  2. Die chemische Atmung geschieht durch Diffusion von Kohlendioxid und Sauerstoff zwischen Blut und Luft, wenn sich das Blut in den Alveolen über die fussballfeldgrosse Lungenoberfläche ausbreitet. Und sie geschieht tief im Körper, wenn sich das Blut in feinsten Kapillaren über die Organoberflächen verströmt und den Sauerstoff an die Organe ausatmet und Kohlendioxid von ihnen einatmet.

  3. Die seelische Atmung geschieht innerhalb der chemischen Atmung. Aufgehoben und geschützt vom Atem strömt die empfindende Seele durch den Körper und verbindet sich mit dem Leben.

  4. Wir atmen Kohlendioxid aus, wenn wir es über die Lungenoberfläche an die Umgebung abgeben. Wir atmen Sauerstoff aus, wenn wir unten in unserem Organismus den Sauerstoff an unsere Organe abgeben. Dort unten üben wir das Loslassen. Denn mit dem Sauerstoff ist unser Lebensgefühl verbunden. Loslassen-Können ist die Haupteigenschaft des Ich.

Die Übungen wirken,

  • weil ich sie langsam mache

  • weil ich sie innig mache

  • weil ich in Kontakt mit dem Körper bin

  • weil ich entspannt bleibe

  • weil versuchen reicht

Die sieben Übungen vertiefen den Atem jedes Mal auf eine andere Art. Einfach dadurch, dass wir ihn bemerken und nicht festhalten.

  • Hingabe

  • Abgrenzung

  • Im Gleichgewicht

  • Im Hier und Jetzt

  • Ich spüre mich

  • Ich bekomme Schutz

  • Ich habe Wurzeln in mir

Und sie berühren durch ihre Siebenheit auch den grossen Weg, auf dem ich gehe. Von innen, von aussen. Wie eine Tonleiter.


Hintergrundinformationen für Heileurythmist*innen

Ausführungen von Rudolf Steiner zum Atmen in der Heileurythmie

Bereits 1913, in der Zeit, als Rudolf Steiner die Eurythmie entwickelte, führt er aus, dass wir heute die Aufgabe haben, die Zusammenschnürung und Austrocknung unserer Lebenskräfte, des Ätherleibs zu überwinden. Durch Ausdehnung des Ätherleibs können wir die Atmung verstärken, sollen aber nicht dabei stehenbleiben, sondern die Blutkräfte durchatmen.

Dass bei diesem sich selber etwas Ausdehnen ein etwas gesteigertes Selbstgefühl und vielleicht sogar eine subtile spirituelle Genussbedürftigkeit entstünde, sei nach Rudolf Steiner angemessen, es dürfe nur nicht bis zu Hochmut und Eitelkeit gehen, da man sich dabei zu geistigen Wesen erhebe, die nur bis zum Ätherleib und nicht bis zum physischen Leib herunterkommen können.[1]

1921, als Rudolf Steiner zum ersten Mal die Heileurythmie unterrichtet, führt er das weiter aus: Wenn beim Eurythmisieren das Ich und der astralische Leib leise aus dem Körper heraustreten, regt das „die plastische Kraft der Organe an, so dass der Mensch in seinem Inneren ein besserer Atmer und ein besser verdauender Mensch wird.“[2]

In der Heileurythmie müsse die Bewegung des ganzen Menschen bis in den Atem wirken. Weil das bei jedem Menschen anders geschieht, soll man die Atmungsänderung des Menschen, dem man helfen will, beim Eurythmisieren beobachten und ihn dann auffordern, diese Tendenz bewusst fortzusetzen.[3]

Kurze Zeit später betont er die Bedeutung des inneren Atems für die Gesundheit noch einmal: „Wenn der Sauerstoff nicht richtig durch unseren Körper geht, dann richtet der Kohlenstoff allerlei Unrichtiges an... Wir gehen herum und spüren das jetzt als eine Wirkung der Erde. Vor der müssen wir gerade geschützt werden. Wir leben eigentlich nur dadurch, dass wir fortwährend in der Atmung geschützt sind vor der Erde und ihren Einflüssen.”[4]

Anwendung in der Heileurythmie

Um der Aufforderung aus dem Heileurythmiekurs, den Atem zu verstärken, nachzukommen, können solche Ausführungen wertvolle Hinweise geben. Wenn man, wie Rudolf Steiner vorschlägt, den Atem beobachtet, und den Klienten auffordert, seine Tendenz zu erleben und bewusst fortzusetzen, geht es also nicht darum, durch den Atem zur Wahrnehmung äusserer ätherischer Erlebnisse zu kommen. Sondern es geht darum, dass man sich durchatmet mit dem, was nur bis in den Ätherleib heruntersteigen kann.

[1]     Rudolf Steiner, Umwandlung von Urteil, Gefühl und Wille, Den Haag, 24. März 1913, Fünfter Vortrag in: Welche Bedeutung hat die okkulte Entwickelung des Menschen für seine Hüllen (physischen Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst? GA 145

[2]     Rudolf Steiner, Heileurythmie, Sechster Vortrag vom 17.4.1921, GA 315

[3]      Rudolf Steiner, Fragenbeantwortung 18.4.1921, 2. Ärztekurs, GA 313, S. 166f, Heileurythmie GA 315 S. 106f.

[4]     Rudolf Steiner, Vom Leben der Seele im Atmungsprozess, 23. Dezember 1922, GA 348, 8. Vortrag, S. 152f